Wozu eigentlich Sanierungsberater?

… oder „Wenn es uns schon nicht gut geht, warum sollen wir dann noch für Berater Geld ausgeben?“ Aus oberflächlicher Sicht des betroffenen Unternehmens sicherlich eine berechtigte Frage, aber bei genauerer Betrachtung gibt es vier Gründe, die dafür sprechen: Objektivität, Kredibilität, Kreativität, sowie Konfliktverarbeitung. Die Objektivität ist das Fundament für einen effektiven Sanierungsplan. Ohne eine ehrliche Beurteilung der Lage ist kein zielgerichtetes Handeln möglich. Warum ist hier der Einsatz eines Beraters sinnvoll? Weil der Berater nicht emotional involviert ist. Weil er nicht in die Organisation eingebunden ist. Weil er all die dummen Fragen stellt, die sich in der Organisation niemand zu stellen traut. Weil er, aufgrund der Vielzahl vergleichbarer Fälle, die er gesehen hat, eventuell zu treffenderen Schlussfolgerungen kommt. Weil Berater in der Regel sehr gut im effizienten und effektiven Umgang mit Zahlen sind und sehr hilfreich bei der Aufbereitung und Analyse von umfangreichen Datenmengen sind – auch außerhalb des bestehenden Standard-Reportings und ohne umfangreiche Neuprogrammierungen der IT-Abteilung.

Die Kredibilität ist von vitalem Interesse für die Kommunikation mit den Kreditgebern. Nach   meiner Erfahrung ist im Krisenfall die Kommunikation und das Vertrauen zwischen Kreditnehmern und -gebern meistens auf einem Tiefpunkt angekommen. Sehr häufig wurde von Seiten der betroffenen Unternehmen versucht, die Lage zu verschleiern, in der Hoffnung auf eine baldige Besserung der Lage. Banken kennen dieses Verhalten und werden bei den ersten Anzeichen misstrauisch gegenüber den handelnden Personen im Unternehmen. Die Einbindung einer unabhängigen externen Partei in den Kommunikationsprozess stellt das notwendige Vertrauen wieder her und schafft dadurch die erforderlichen Handlungsspielräume.

Richtig eingesetzt kann der Berater weiterhin der Kreativität im Prozess der Neuausrichtung einen kräftigen Schub geben. Um hier gleich mit zwei Missverständnissen aufzuräumen: Nein, der Berater ist nicht intelligenter als die eigenen Mitarbeiter. Er hat in der Regel nur viel mehr unterschiedliche Unternehmen gesehen und hat dadurch eine breitere Erfahrungsbasis, welche Maßnahmen funktionieren und welche eben nicht. Er bringt also andere Sichtweisen in den Prozess ein und ergänzt dadurch das eigene Team. Er nimmt ihrem Team nicht die Arbeit ab.

Das zweite Missverständnis: Das betroffene Unternehmen ist nicht völlig anders als andere Unternehmen. Auch wenn es sich immer gut anhört, dass die Branche vollkommen anders ticke und man durch seine besonderen Prozesse ein strategisches Alleinstellungsmerkmal hätte … glauben sie mir, in 18 Beraterjahren habe ich gelernt, dass ihr Unternehmen mit ziemlicher Sicherheit viel vergleichbarer ist, als sie glauben.

Diese Missverständnisse aus dem Weg geräumt ist der Weg geebnet für eine vernünftige Kooperation, um gemeinsam die Weichen für die Zukunft zu stellen. Nutzen Sie den Berater sinnvoll. Kooperieren Sie und machen Sie sich seine Erfahrungen zu Nutze, auch wenn er an der einen oder anderen Stelle nicht vollkommen mit den Feinheiten Ihres Unternehmens vertraut ist. Geben Sie ihm auch die Zeit, sie kennen zu lernen und sich ein eigenes Bild der Lage zu machen. Spielen Sie mit offenen Karten, der Berater ist Ihnen gegenüber loyal und dazu da, Ihnen zu helfen.

Über den letzten Punkt wird ungern gesprochen: Die Konflikte, die mit der Umsetzung der notwendigen Maßnahmen einher gehen. Tatsache ist, ohne Konflikte gibt es keine Veränderung. Konflikte sind unangenehm, man versucht sie gerne zu vermeiden. Ungezählte wertvolle Konzepte verstauben in den Regalen deutscher Führungsetagen, weil man die Konflikte der Veränderung scheut. Aber ich will hier nicht die Führungsetagen über Gebühr kritisieren. Letztlich ist es eine direkte Folge des normalen Arbeitsalltages einer Führungsposition, der letztlich darauf ausgerichtet ist, einen reibungslosen Ablauf sicher zu stellen und Konflikte zu vermeiden. Nichts bereitet den erfahrenen Manager auf die Aufgabe vor, gezielt Konflikte durch drastische Veränderungen herbeizuführen.

Auch wenn es sich hier sicherlich um eine in vielen Fällen übertriebene und unfaire Verallgemeinerung handelt, ein Körnchen Wahrheit ist dran. Wenn das so ist, warum dann nicht bei der Umsetzung der Maßnahmen sich der Hilfe eines Beraters in der Rolle als Manager auf Zeit bedienen? Vorausgesetzt, entsprechende Erfahrungen auf Seiten des Beraters sind vorhanden (was nicht immer der Fall ist), kann hier der Einsatz eines Beraters – oder in diesem Fall besser Interim Managers – erheblich zur Beschleunigung und Vereinfachung der Umsetzung führen. Ein durchaus positiver Nebeneffekt ist, dass die persönliche Reputation der Manager, die im Unternehmen verbleiben, in der Regel einen geringeren Schaden nimmt. Die Konflikte und negativen Assoziationen sind mit dem Interim Manager verbunden, die permanente Führungskraft kann nach erfolgreicher Umsetzung der Maßnahmen die Stabilisierung des neuen Zustandes begleiten und geht weniger Beschädigt aus der Krise hervor.

Vier gute Gründe für den gezielten Einsatz von Beratern in Krisensituationen. Wenn der Berater sinnvoll eingesetzt wird, ist es eine sinnvolle Investition, die dem Unternehmen hilft, ruhigere Gewässer zu erreichen.

Was sind Ihre Erfahrungen? Schreiben Sie mir, ich freue mich auf Ihr Feedback!

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